Am Dienstag, dem 24. September 2024 um 9 Uhr verlegt der Künstler Gunter Demnig in der Menckenstraße 7, 12169 Berlin einen Stolperstein für Hedwig Bela Nowak. Das Netzwerk Erinnerungskultur des Kirchenkreises Steglitz unter dem Vorsitz von Pfarrerin Andrea Köppen lädt zur Teilnahme ein.
Hedwig Bela Nowak wurde als Hedwig Zöllner am 27. März 1881 in Gnesen/Posen in eine jüdische Familie geboren. Ab 1919 wohnte sie in der Menckenstraße, zunächst gemeinsam mit ihrem nichtjüdischen Ehemann, den sie im Dezember 1909 geheiratet hatte. Die sogenannte Mischehe schützte sie vor dem Zugriff des Unrechtsregimes. Enteignung und Deportation ereilten sie jedoch ein Dreivierteljahr nach dem Tod des Gatten. Hedwig Bela Nowaks Spur verliert sich in Auschwitz; das Todesdatum ist nicht bekannt. Die biografische Recherche besorgte Uta Lehnert.
Hedwig Nowak wurde laut Geburtsurkunde Nr. 148 vom 2. April 1881 am 27. März 1881 in Gnesen/Posen als Hedwig Zöllner geboren. Ihr Vater war der Schuhfabrikant Isaac Zöllner, ihre Mutter Auguste Zöllner, geb. Sprinz. Beide Elternteile waren laut des Eintrags in der Geburtsurkunde mosaischer Religion.
Am 16. Dezember 1909 heiratete Hedwig den Kaufmann Johann Nowak, geboren am 6. Dezem- ber 1881, gestorben am 3. Oktober 1943. Da der – Hans genannte – Ehemann kein Jude war, lebte Hedwig in einer sogenannten »Mischehe«, die sie zu Lebzeiten des Gatten vor dem Zugriff der Na- tionalsozialisten schützte. Sie war Hausfrau, das Ehepaar hatte keine Kinder.
In den Berliner Adressbüchern für 1939 und 1941, die lediglich den Haushaltsvorstand, nicht jedoch weitere Familienmitglieder listeten, ist Hans Nowak, Kaufmann, Steglitz, Menckenstr. 7, T (Telefonanschluss) genannt. Nach Hedwig Nowaks eigenen Angaben wohnte sie seit 1919 in der Menckenstraße 7. Ein Zimmer der Wohnung war – vermutlich nach dem Tod des Ehemannes – an ein Ehepaar R. Kroeller untervermietet.
Wann und warum Hedwig Nowak den Vornamen Bela [Bella] angenommen hat, ist nicht bekannt. Es könnte auf die Beziehung zu ihrer Schwester Bianka hindeuten. Dieses jüngere Geschwister Hedwigs, geboren am 14. April 1882 ebenfalls in Gnesen/Posen, war in Berlin als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Sie emigrierte am 23. August 1935 zusammen mit ihrem Ehemann, dem Kaufmann Harald Max Rossi-Zalmons nach Südafrika.
Am 9. September 1940 erstellte das Ehepaar Nowak bei dem »Konsulenten« David Israel Feilchenfeld, der sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Rechtsanwalt nennen durfte, sein Testament. Die Eheleute setzten sich gegenseitig als Erben ein. Nach dem Tod ihres Ehemannes ist Hedwig Nowak nicht mehr geschützt: Sie muss ihr Vermögen, die Wohnungseinrichtung und sämtliche Wertgegenstände deklarieren, wird mit dem 107. Theresienstadt-Transport [Bela Nowak, Nr. 25 in der Transportliste5] am 16. Juni 1944 ins Ghetto auf ehemals tschechoslowakischem, deutsch besetzten Gebiet deportiert und am 9. September 1944 von dort nach Auschwitz verschleppt. In der Spalte »Bemerkungen« ist angegeben: »n. r. best. Mischehe«.
Wenige Tage vor ihrer Deportation »wird in Verbindung mit dem Erlass des Führers und Reichskanzlers über die Verwertung des eingezogenen Vermögens von Reichsfeinden vom 29. Mai 1941 – RGBl. I S. 303 – das gesamte Vermögen der Bela Nowak […] zugunsten des deutschen Reiches eingezogen«. Die entsprechende Verfügung geht am 9. Juni 1944 beim Gerichtsvollzieher Drewitz ein.
Am 28. Juni 1944 schreibt der »Konsulent« Feilchenfeld an die Vermögensverwertungsstelle beim Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg.
Es läuft eine Klage der Schwägerin Michalina Stenzel, geb. Nowak, gegen die »inzwischen evakuierte« Beklagte Bela (früher Hedwig) Nowak, das gemeinschaftliche notarielle Testament der Eheleute Nowak vom 9. September 1940 für nichtig erklären zu lassen.
Mit Schreiben vom 27. Januar 1945 äußert der Gaurechtsberater Schneider: »Ich bin der Auffassung, daß es nach nationalsozialistischer Anschauung unmöglich ist, daß ein arischer Ehegatte sein Vermögen durch Testament seinem jüdischen Ehegatten überläßt.« Das Testament soll für nichtig erklärt werden. Hedwig Bela Nowaks Anwalt David Israel Feilchenfeld wird am 5. Juli 1944 wie folgt informiert: »… die Jüdin (Hedwig) jetzt: Bela Sara Nowak, ist mit dem 64. Transport unter Nr. TH 50 evakuiert worden«. Dabei handelt es sich mit einiger Sicherheit um einen Transport nach Auschwitz.
Einem Brief, den Hedwig Bela Nowak über das Deutsche Rote Kreuz (DRK) an ihre Schwester Bianka Rossi-Zalmons in Südafrika geschickt hat, ist zu entnehmen, dass sie im Dezember 1944 noch lebte (Reg. Nr. 72548). Ihr Todestag ist unbekannt. Mit Schreiben vom 11. März 1958 hat Frau Rossi-Zalmons »einen Schadensersatz meiner so schwer leidenden und zu Tode gemarterten Schwester Hedwig/Bella Nowak« beantragt und darauf hingewiesen, die deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen. Bianka starb am 2. Oktober 1974 in einem Johannesburger Altenheim.
Der Antrag, »die verschollene Frau Bela [früher Hedwig] Nowak, geb. Zöllner, geb. am 27. März 1881 in Gnesen (Posen), zuletzt wohnhaft in Berlin-Steglitz, Menckenstr. 7, für tot zu erklären«, erfolgte durch Hans Nowak, Sohn eines Vetters von Johann Nowak, wohnhaft in Berlin-Friedrichshagen, Marienwerder Weg 2.
In der zentralen Datenbank der Namen der Holocaustopfer in der Gedenkstätte Yad Vashem ist Hedwig Nowak dreimal gelistet, zuletzt als Häftling in Theresienstadt.
Lucia Hajduk von der Stolpersteininitiative Steglitz hat Texte und Quellenangaben der biografischen Spurensuche zu Hedwig Bela Nowak in einem Faltblatt zusammengestellt, das im PDF-Format zum Download bereit steht.
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Stolpersteine sind Wind und Wetter ausgesetzt und müssen in regelmäßigen Abständen gereinigt werden, da die Messingoberfläche unter feuchten Wetterbedingungen oxydiert.
Wenn Sie einen STOLPERSTEIN putzen und somit die Erinnerung blank polieren möchten, lesen Sie bitte vorher diese Anleitung.