Am Sonntag, dem 9. März 2025, werden ab 8.50 Uhr in der Schloßstraße 107/108 in Berlin-Steglitz drei Stolpersteine für den Rechtsanwalt und Notar Dr. Curt Blumenthal, seine Ehefrau Margarethe und den Sohn Werner Blumenthal verlegt. Der Künstler Gunter Demnig wird die Erinnerungssteine setzen. Das Netzwerk Erinnerungskultur des Kirchenkreises Steglitz mit seiner Koordinatorin Pfarrerin Andrea Köppen lädt zur Teilnahme ein.
Der Rechtsanwalt und Notar Dr. Curt Blumenthal hatte ab 1919 seine Kanzleiräume in der Schloßstraße 107/108 und wohnte auch dort. 1928 heiratete er die Kindergärtnerin Margarethe Blumenthal aus Görlitz, die zu ihm in die Schloßstraße zog. Ein Jahr später wurde ihr Sohn Werner Louis geboren. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Curt Blumenthal 1933 sein Notariat entzogen, ab 1938 galt für ihn ein Berufsverbot als Rechtsanwalt. Der Sohn Werner durfte ab November 1938 keine öffentliche Schule besuchen. Curt Blumenthal und seine Ehefrau mussten Zwangsarbeit in Berlin leisten.
1939 musste die Familie aus ihrer Wohnung in der Schloßstraße ausziehen und in eine Zwangswohnung in Charlottenburg umziehen. Im Januar 1943 kam die Familie Blumenthal in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26. Am 29. Januar 1943 wurden Curt und Margarete Blumenthal sowie ihr 13-jähiger Sohn Werner vom Güterbahnhof Berlin-Moabit aus mit dem 27. „Osttransport“ in das Konzentrations- und Vernichtungslager Ausschwitz deportiert und dort umgebracht.
Mit den Stolpersteinen soll an die Familie Blumenthal erinnert werden.
Dirk von der Heide von der Stolpersteininitiative Steglitz hat die Texte der biografischen Spurensuche zu Curt, Margarethe und Werner Blumenthal in einem Faltblatt zusammengestellt, das im PDF-Format zum Download bereitsteht.
Dr. Curt Blumenthal – ein angesehener Rechtsanwalt und Notar
Dr. Curt Blumenthal wurde am 5. Dezember 1882 als Sohn von Louis und Berta Blumenthal (geborene Sommerguth) in Nordhausen in der Provinz Sachsen (heute Thüringen) geboren. Sein Vater Louis Blumenthal war in Nordhausen Kaufmann und Teilhaber der Firma Martin Blumenthal. Die Familie Blumenthal hatte noch ein weiteres Kind. Der zweite Sohn, Hans Nathan, wurde am 21. August 1884 geboren und ist am 26. November desselben Jahres verstorben.
Curt Blumenthal ging in Nordhausen zur Schule und machte 1901 am Nordhäuser Gymnasium sein Abitur. Er studierte in München, Berlin und Halle Rechtswissenschaften. Sein juristisches Assessorexamen legte er 1911 in Berlin ab. Curt Blumenthal promovierte an der Universität Leipzig zum Thema „Von dem Inventar und der Bilanz des Einzelkaufmanns und der offenen Handelsgesellschaft“.
Curt Blumenthal wurde am 10. Juli 1911 als Rechtsanwalt in Berlin zugelassen. Im Ersten Weltkrieg war er in der Militärjustizverwaltung des Heeres als Militär-Hilfsrichter tätig. Nach dem Krieg nahm er seine Arbeit als Rechtsanwalt wieder auf und wurde am 23. Juli 1919 zusätzlich zum Notar ernannt. Der Präsident des Landgerichts Berlin hatte seine Ernennung zum Notar zuvor befürwortet und ausgeführt, dass Herr Dr. Blumenthal „bei den Prozessrichtern als wohlbefähigter, gewissenhafter und sorgfältiger Anwalt“ gelte.
Seine Kanzleiräume hatte er seit 1919 in der Schloßstraße 107/108, im Berliner Adressverzeichnis wurde die Kanzlei erstmals 1920 erwähnt. Er hatte dann dort auch seinen Wohnsitz.
Berufsverbot als Notar und Rechtsanwalt
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten galt für Curt Blumenthal 1933 zeitweise ein Vertretungsverbot als Rechtsanwalt. Am 24. Juni 1933 wurde ihm sein Notariat entzogen. Als Rechtsanwalt konnte er dann aber als sog. Altanwalt zunächst weiterarbeiten, weil er vor August 1914 seine Zulassung erhalten hatte. Ab dem 30. November 1938 galt auch für Curt Blumenthal wie für alle anderen zu der Zeit noch zugelassenen jüdischen Rechtsanwälte in Deutschland ein Berufsverbot. Sein Antrag, noch als juristischer Beistand für jüdische Menschen, als sog. „Konsulent“, zu arbeiten, wurde vom Landgericht Berlin nicht als vorrangig angesehen.
Curt Blumenthal wurde zu Zwangsarbeit verpflichtet. Aus seiner Vermögenserklärung ergibt sich, dass er als Arbeiter bei der „Fritz Weber und Co. Metallwaren- und Laternenfabrik“ in der damaligen Graetzstraße 68 (heute Karl-Kunger-Straße) in Berlin Treptow tätig sein musste.
Recherche und Text: Dirk von der Heide
Margarethe Blumenthal, geborene Kohn – Kindergärtnerin aus Görlitz
Margarethe Blumenthal (geb. Kohn) wurde am 22. Juli 1891 als Tochter von Isaac Kohn und Fanny Kohn (geb. Schäfer) in Görlitz/Schlesien geboren. Ihr Vater Isaac Kohn war Kaufmann in Görlitz.
Margarethe Blumenthal hatte einen älteren Bruder, Georg Friedrich Kohn, der 1888 in Görlitz geboren wurde. Er war Jurist und wohnte in Breslau. Von dort wurde er am 16.6.1943 nach Theresienstadt und am 28.10.1944 in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz deportiert, wo er umgebracht wurde.
Margarethe Blumenthal war Kindergärtnerin. Sie heiratete Curt Blumenthal am 30.6.1928 in Görlitz. Nach der Hochzeit zog sie zu ihm in die Schloßstraße 107/108. Auch Margarethe Blumenthal wurde zu Zwangsarbeit verpflichtet. Sie musste als Arbeiterin bei der Deutschen Waffen- und Munitionsfabrik in Berlin-Borsigwalde tätig sein.
Recherche und Text: Dirk von der Heide
Der Sohn Werner Blumenthal – betroffen von der Diskriminierung jüdischer Schüler
Werner Louis Blumenthal wurde am 18.10.1929 in Berlin geboren. Er wohnte mit seinen Eltern in der Wohnung in der Schloßstraße 107/108.
Auch Werner Blumenthal war von den erheblichen Diskriminierungen jüdischer Schülerinnen und Schüler in der Zeit des Nationalsozialismus betroffen. Nach den Novemberpogromen 1938 wurde es jüdischen Schülerinnen und Schülern verboten, auf öffentliche Schulen zu gehen. Zeitweise besuchte Werner Blumenthal die Holdheimschule, die vom Bildungsverein der Jüdischen Reformgemeinde Berlin e.V. in der Nürnberger Straße 66 als Real-Gymnasium betrieben wurde. Am 30. Juni 1942 wurden alle jüdischen Schulen geschlossen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt durfte auch Werner Blumenthal keine Schule mehr besuchen.
Recherche und Text: Dirk von der Heide
Vertreibung aus ihrer Wohnung in der Schloßstraße
Nach den Unterlagen zu den Ergänzungskarten der Volkszählung im Deutschen Reich am 17. Mai 1939 hatte die Familie Blumenthal ihren Wohnsitz zu diesem Zeitpunkt noch in der Schloßstraße 107/108. Auch im Berliner Telefonbuch für 1939 findet sich ein entsprechender Eintrag. Dies war der letzte frei gewählte Wohnsitz der Familie Blumenthal.
Im Juni 1939 musste die Familie Blumenthal laut ihrer Vermögenserklärung aus ihrer Wohnung in der Schloßstraße ausziehen und in die Mommsenstraße 22 in Charlottenburg umziehen. Sie wohnten hier in einer sog. Zwangswohnung. An diese Adresse erfolgten nach 1939 mindestens 32 Einzüge. Hintergrund war das „Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden“ vom 30. April 1939, wonach jüdische Menschen ihren Wohnsitz nicht mehr frei wählen konnten. Im Berliner Telefonbuch von 1941 ist die Familie Blumenthal nicht mehr aufgeführt.
Entzug des Vermögens, Deportation und Ermordung in Ausschwitz
Am 17. Januar 1943 mussten Curt Blumenthal sowie seine Frau und ihr 13-jähriger Sohn Werner ihre Vermögenserklärungen abgeben. Hier mussten sie ihre Vermögenswerte, aber etwa auch das Wohnungsinventar und Kleidungsstücke oder noch vorhandene Vorräte auflisten.
Die ausgefüllten Vermögenserklärungen mussten zusammen mit den Personaldokumenten, den Lebensmittelkarten sowie den Haustürschlüsseln in die Sammellager mitgebracht werden, in denen die Menschen vor ihrer Deportation in die Konzentrations- und Vernichtungslager zusammengepfercht waren. Die Familie Blumenthal kam in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26, wo vorher ein jüdisches Altersheim und die jüdische Moses-Mendelsohn-Schule unterbracht waren. In dem Sammellager wurden Curt Blumenthal sowie seiner Ehefrau und seinem Sohn die Verfügungen zum Einzug ihres jeweiligen Vermögens am 27. Januar 1943 übergeben.
Zwei Tage später, am 29. Januar 1943, wurden Curt, Margarethe und Werner Blumenthal vom Güterbahnhof Berlin-Moabit aus mit dem 27. „Osttransport“ in das Konzentrations- und Vernichtungslager Ausschwitz deportiert und dort umgebracht.
Recherche und Text: Dirk von der Heide
Das Mahnmal „Anwälte erinnern“ des Deutschen Anwaltvereins in der Littenstraße in Berlin erinnert auch an Dr. Curt Blumenthal. Die Namensliste der im Nationalsozialismus ermordeten Anwältinnen und Anwälte findet man unter www.anwaltverein.de.
ADRESSE c/o Ev. Lukas-Kirchengemeinde, Friedrichsruher Straße 6, 12167 Berlin VORSITZ Pfarrerin Andrea Köppen, E-Mail
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Stolpersteine sind Wind und Wetter ausgesetzt und müssen in regelmäßigen Abständen gereinigt werden, da die Messingoberfläche unter feuchten Wetterbedingungen oxydiert.
Wenn Sie einen STOLPERSTEIN putzen und somit die Erinnerung blank polieren möchten, lesen Sie bitte vorher diese Anleitung.