Wenn in diesen Tagen auf das 40-jährige Bestehen des vom Diakonieverein Lankwitz e.V. betriebenen „Café Sammeltasse“ zurückgeblickt wird, so spiegelt dessen Geschichte die Entwicklung sowohl der gesellschaftlichen als auch der sozialpolitischen Veränderungsprozesse unserer heutigen Zeit wider. Bestimmend für die Gründung und die Fortführung dieses Begegnungscafés bis heute ist die Grundidee, einen für Menschen aller Generationen und Herkünfte geöffneten Begegnungsort mit Caféhaus-Atmosphäre zu schaffen. Einen Ort, der jenseits von kirchlicher bzw. gemeindlicher Zugehörigkeit, einen Raum bieten sollte, Menschen zusammenzubringen, ihnen Kontaktmöglichkeit und Gemeinschaft, Gehör und Zuwendung zu bieten sowie eine erste Anlaufstelle bei Fragen nach diakonischer Unterstützung und Hilfe.
Der damals aus einer spontanen Eingebung einer der Gründerinnen hervorgegangene und sich beim Besuch des Cafés sofort offenkundig erschließende Name „Café Sammeltasse“ steht dabei programmatisch. Damals wie heute stehen Menschen aus unseren Gemeinden hinter dem Gedanken, mit ihrer tätigen Hilfe auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen zu reagieren, persönliche Verantwortung dafür zu übernehmen und Angebote für die offensichtlichen Bedürfnisse von Menschen nach Nähe und Mitmenschlichkeit zu schaffen. Dieses aktive Wirken in den Kiez, in die vier Kirchengemeinden des Sprengels Lankwitz, hat bedeutende Strahlkraft. Deren Wahrnehmung und Wertschätzung in den unterschiedlichen Gremien in Bezirk, Gemeinden und Kirchenkreis ist dabei nicht nur für das Projekt selbst, sondern insbesondere für die aktiven Ehrenamtlichen und ihr Selbstverständnis sowie die Anerkennung ihres Engagements unerlässlich.
Eine bereits vor fast 15 Jahren erhobene Befragung zum freiwilligen Engagement von Einrichtungen und Diensten der Diakonie ergab ein typisches Engagement-Profil: die freiwillig engagierten Menschen in der Diakonie sind demnach zumeist weiblich, älter als 60 Jahre und im Schnitt bis zu zehn Stunden monatlich freiwillig tätig – aus der Erfahrung im „Café Sammeltasse“ übersteigt die Zeit des persönlichen Einsatzes der Engagierten diesen ermittelten Wert an Arbeitsstunden deutlich. Stehen die von den Mitarbeitenden im Café Tag für Tag gezeigten persönlichen Erfahrungen, vielseitigen Fähigkeiten, ihre vielfältigen Kontakte und die von ihnen gezeigte Lebens- und Arbeitsfreude auch nachhaltig für den Jahrzehnte langen Erfolg, so stellt für uns alle, besonders die Ehrenamtlichen selbst, die hohe Altersstruktur der Aktiven eine eigene Herausforderung dar.
Der Faktor der „verfügbaren“ Zeit, die Bereitschaft, sich freiwillig ehrenamtlich für andere zu engagieren und der Anspruch auf Verbindlichkeit bei der Übernahme eines solchen Amtes unterliegen dem gesellschaftlichen Wandel wie Traditionen, Werte oder die Demografie selbst. Die Bemühungen, neue Wege zu finden und zu gehen, jüngere Menschen für das Ehrenamt zu gewinnen, sind überall groß. Die Vernetzung mit Ehrenamtlichen-Agenturen geschieht bereits allerorten. Aber gerade der ganz persönliche, auf zwischenmenschlicher Basis beruhende Ansatz, (jüngere) Menschen für die Sache an und mit der Gesellschaft zu gewinnen, hat nicht nur Zukunft, er birgt unser aller Zukunft in sich. In der Klimapolitik genauso wie im sozialen Leben.
Die jüngeren Generationen dafür zu sensibilisieren, ihnen Perspektiven, Aufgabenfelder und Mehrwert für sich selbst und die Gesellschaft aufzuzeigen, ist dabei nicht nur sinnstiftend, sondern auch machbar. Generationenübergreifende Projekte oder Intergeneration sind heute doch Begriffe, die für Partizipation, Mitsprache und Mitgestaltung aller stehen. Sie sollen den Einbezug und die Förderung und Forderung jüngerer Menschen ebenso stärken helfen wie den sozialen Zusammenhalt generell. Nutzen wir doch diese Form der Zusammenarbeit der Generationen für die Zukunft!
Noch vor Jahren stand dieser Gedanke auch im Fokus des „Café Sammeltasse“, wo von Gemeindeseite aus Konfirmand:innen und/oder aus Schulen und öffentlichen Instanzen Praktikant:innen verstärkt mit einbezogen wurden. Aktive Integrationshilfe für gerade auch jüngere Menschen mit Migrationsgeschichte oder mit schwierigen Lebensläufen wird von den Ehrenamtlichen im Café auch heute tagtäglich geleistet.
Diakonie – der „Dienst am Menschen“ – ist kein vergänglicher Wert – jeder von uns fordert ihn für sich ein. Hier sind Gemeinden, politische wie kirchliche, gefragt, insbesondere angesichts des über Jahrzehnte hinweg erfolgten Abbaus (finanzieller) sozialer Leistungen, die Erfüllung dieses Grundbedürfnisses als attraktives Angebot in den Fokus zu stellen. Hauptamt und Ehrenamt sollten mit Mehrwert für beide Seiten (wieder) verquickt, mehr Flexibilität in den Strukturen gewagt werden. Dies gilt für die Arbeit mit Konfirmand:innen und mit Jugendlichen im Kirchenkreis, mit Jugendgremien im Bezirk, Schulen und Freizeiteinrichtungen oder für das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ). Aber auch für alle anderen Altersgruppen der Gesellschaft. Offenheit auf allen Seiten ist gefragt.
Das Wirken im Sozialraum wie es das „Café Sammeltasse“ – dessen Gäste im Übrigen altersmäßig keineswegs homogen sind – mit seiner heute leider schwindenden Anzahl an ehrenamtlichen Mitarbeitenden bereits über vier Jahrzehnte erbringt, steht dabei als Beispiel für eine sichtbare und wirksame Win-Win-Situation – für jeden Einzelnen wie für die Gesellschaft an sich.
Dr. Christiane Scheidemann
Diakonieverein Lankwitz e.V.
Begegnungscafe Sammeltasse
Kaiser-Wilhelm-Straße 75-79
12247 Berlin
030 774 20 29
cafesammeltasse
Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag 9–13 Uhr (Frühstückscafé) und 15–18 Uhr,
Sonn- und Feiertage 15–18 Uhr
Diakonie-Pflege Verbund Berlin gGmbH
Diakonie-Haltestelle Lankwitz
Alltagsunterstützende Angebote für pflegebedürftige Menschen
Kaiser-Wilhelm-Straße 75-79
12247 Berlin
Projektleitung Mathias Wirtz
Diakonie-Pflege Verbund Berlin gGmbH
Diakonie-Station Lankwitz
Kaiser-Wilhelm-Straße 75-79
12247 Berlin