Estella Marchand


Geschichte von Estella Marchand, geb. Pschatowska
 *29.5.1878 in Lodz, + 17.3.1959 in Berlin

Estella Marchand wurde geboren am 29.5.1878 in Lodz-Russland, als Tochter des jüdischen Pelzwaren-Großhändlers Samuel Pschatowski und seiner Ehefrau Lia, geb. Jakubowitsch.

Im Jahr 1900 kam Estella Marchand zu Verwandten nach Berlin, wo sie 1909 den Chemiker und Apotheker Heinrich Marchand heiratete. Vor der Heirat trat Frau Marchand zum katholischen Glauben über. Die Ehe blieb kinderlos.

Ihr Mann, Erfinder verschiedener chemischer Präparate, war Fabrikdirektor und Prokurist bei der Firma Gustav Lohse A.G. Gemeinsam mit ihm zog Frau Marchand 1936  in das Haus Attilastraße 73 in Berlin. Von dem nationalsozialistischen Rassenwahn blieb sie zunächst unbehelligt. Erst im Jahr 1943 wurde sie am 8. August – vermutlich aufgrund ihrer jüdischen Abstammung – von der Gestapo verhaftet. Die Haft dauerte bis zum 28. August 1943, als es ihrem Mann gelang eine Haftverschonung für sie zu erwirken und sie wieder nach Hause zu holen.

Bereits am 14. Oktober 1943 wurde sie jedoch erneut von den Nationalsozialisten verhaftet und am 27. März 1945 gemeinsam mit 42 anderen Personen nach Theresienstadt deportiert. In der Deportationsliste wurde zusätzlich der Name „Sara“ vermerkt – ein deutlicher Hinweis darauf, dass ihre jüdische Abstammung für die Verhaftung eine Rolle spielte. Zum Zeitpunkt ihrer Deportation war Estella Marchand 66 Jahre alt.

Frau Marchand überlebt das Ghetto in Theresienstadt und kehrte nach der Befreiung des Lagers und dem Ende des Krieges im Laufe des Jahres 1945 wieder nach Berlin in die Attilastraße 73 zurück. Hier musste sie feststellen, dass ihr Mann in der kurzen Zwischenzeit verstorben war. Ihre Besitztümer waren geplündert oder zerstört. Sie zog daraufhin in eine kleine Wohnung am Munsterdamm 1. Nach einem langjährigen Rechtsstreit wurde sie als Verfolgte des Nationalsozialismus anerkannt. Kurz darauf starb sie von diversen Krankheiten gezeichnet mit fast 81 Jahren am 17. März 1959.

Die Geschichte von Estella Marchand ist sehr gut in den Akten der Berliner Landesbehörde für die Entschädigung der Opfer des Nationalsozialismus dokumentiert. Am 14. November 2015 wird vor dem Haus Attilastraße 73 ein Stolperstein mit folgender Inschrift verlegt:

HIER WOHNTE
ESTELLA

MARCHAND
GEB. PSCHATOWSKA
JG. 1878
VERHAFTET 14.10.1944
DEPORTIERT 27.3.1945
THERESIENSTADT
BEFREIT

 


Text und Recherche: Florian Mannchen

Netzwerk Erinnerungskultur im Kirchenkreis Steglitz

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