Am 24. und 25. Mai 2024 tagte die Kreissynode in der Lankwitzer Dietrich-Bonhoeffer-Kirchengemeinde zum Thema Umgang mit Rechtsradikalismus. Im Eröffnungsgottesdienst unter der Leitung von Superintendentin Christa Olearius und Kreiskantor KMD Christian Finke wurden zwei langjährige Mitarbeiterinnen des Kirchenkreises verabschiedet sowie eine neue Kollegin in ihren Dienst eingeführt: Anna Bökenkamp war seit August 2018 Fachberaterin für die evangelischen Kindertagesstätten in Steglitz und Ansprechperson für Kita-Leitungen wie Trägervertretungen. Christiane Kehl begann im November 2015 ihren Dienst als Beauftragte für Migration und Integration. Sie hat geflüchtete Menschen begleitet und wichtige Vernetzungsarbeit geleistet. Beide geben ihren Dienst im zu Ende Juni auf. Sabine Lutz dagegen ist seit Jahresbeginn für die Geschäftsführung und Organisationsentwicklung zuständig und hat damit eine zentrale Funktion im Kirchenkreis Steglitz. Alle drei wurden für ihren weiteren Weg gesegnet.
Am Sonnabend leitete Martin Vogel, Beauftragter der Landeskirche bei den Regierungen Berlins und Brandenburgs, den thematischen Teil der Synode mit einem Vortrag ein. Der Länderbeauftragte vertritt Anliegen und Erwartungen der Kirche gegenüber der Politik und sucht mit anderen Akteuren gemeinsam nach gerechten, menschenfreundlichen Lösungen für gesellschaftliche Fragen.
Vor dem Hintergrund von 75 Jahren Grundgesetz und 90 Jahren Barmer Theologische Erklärung schilderte er seine Wahrnehmungen der Großwetterlage: Wie würde in einigen Jahrzehnten auf unsere Zeit geblickt werden? Wie konnte die Meinungsfreiheit, die Stärke einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft, zu einem Schwachpunkt werden, würde gefragt werden. Und weiter: Wie hatte sich diese Stärke in einen alles zersetzenden Virus verkehren können? Oder aber: Woher kam schließlich die Kraft, diesem Virus zu widerstehen? Dass die Verbreitungsgeschwindigkeit von falschen Informationen gegenüber wahren im Verhältnis 6:1 stünden, mache zurzeit wenig Hoffnung.
Die Herausforderungen fänden nicht nur in Deutschland, sondern global statt, sagte Vogel. Immerhin könne man aber feststellen, dass die USA vier Jahre Trump plus den Sturm auf das Capitol überlebt hätten, in Polen die PiS-Partei schließlich abgelöst und in Brasilien Präsident Bolsonaro abgewählt wurde.
Während der ökumenischen Andachten, z.B. im Berliner Abgeordnetenhaus, höre er manche Bibelstelle neu, ergänzte er. Wie die Begegnung Jesu mit dem Teufel in der Wüste – Diabolos im griechischen Urtext – was so viel wie Durcheinanderwerfer bedeute. So könne man die Kräfte bezeichnen, die uns heute herausfordern. Es sei teilweise geheimnisvoll, wie kirchliche Prägungen von Abgeordneten sie zur Afd geführt hätten. Man müsse wissen, dass fast die Hälfte der sächsischen AfD-Abgeordneten evangelisch seien, sagte Vogel.
Bei aller Kritik am politischen Betrieb müsse aber festgehalten werden, dass wir als Gesellschaft die Corona-Pandemie überstanden hätten, dass unser Leben trotz des Angriffskrieges auf die Ukraine weitergehe, betonte Martin Vogel. Wir sollten uns fragen, worauf wir uns fokussierten, was unsere Wahrnehmung beanspruche. Positive Beispiele müssten erzählt werden, wie dieses: Das brandenburgische Dorf Rutenberg mit 300 Einwohnern konnte erfolgreich die völkische Übernahme seines Ortes verhindern. Weil 31 Personen sich wehrten, einen Verein gründeten, ein Demokratiefest organisierten und begannen, den öffentlichen Raum zu verteidigen. Das erfolgreiche DemokratieBündnis Rutenberg wurde für dieses Engagement am 23. Mai als „Botschafter für Demokratie und Toleranz“ von der Bundeszentrale für politische Bildung ausgezeichnet.
Martin Vogel sagte, zurzeit würde das Bild einer Wand gezeichnet, auf die sich die Gesellschaft unausweichlich zubewege. Auch den Begriff der Zeitenwende mit einem Kriegsbeginn zu verbinden, sei sehr schwierig. Als Christen sollten wir uns nicht dieser Weltwahrnehmung anschließen. Die Gemeinschaftsbildung suchen, mit Nachbargemeinden und außerkirchlichen Akteuren von „Ballermann bis Basisgruppen“ kooperieren, sei unsere Aufgabe, sagte er. Als Kirche Jesu Christi aufrecht und fröhlich die Welt mitgestalten.
Und was ist nun unsere Aufgabe als Kirche hier in Steglitz? Diese Frage diskutierten die Synodalen nach dem Vortrag in Kleingruppen: Die Ergebnisse der Gespräche wurden nicht nur gesammelt und vorgestellt. Sie bilden den Grundstock für eine Weiterarbeit in den Gemeinden und Gremien des Kirchenkreises. Die Themen Demokratie stärken, sprachfähig werden, menschen- und demokratiefeindlichen Äußerungen entgegentreten, wird die kreiskirchliche Öffentlichkeit weiter beschäftigen.
ubo
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Eine Handreichung des EKD-Büros in Brüssel
Material und Informationen zur Demokratiebildung des Amtes für kirchliche Dienste
Die Argumentationshilfe to go der Kampagne #zusammenstreiten von Diakonie und Landeskirche: Beispiele und Tipps für gute Gespräche. Klare Positionen im Umgang mit extrem rechten und rechtspopulistischen Parteien oder Organisationen.