März 2025. Das Diakonische Werk Steglitz und Teltow-Zehlendorf e.V. (DWSTZ) hat rund 140 Mitarbeitende in über 20 Projekten und Einrichtungen inklusive der Geschäftsstelle im Paulus-Zentrum. Träger des Werkes sind die beiden Kirchenkreise im Südwesten Berlins, alle Kirchengemeinden sind Mitglieder. Nach dem Weggang von Sabine Hafener im Sommer 2024, die das Werk 10 Jahre leitete, ist nun eine neue Leitung installiert. Ein Gespräch mit Laura Stradt und Markus Luther.
Liebe Frau Stradt, lieber Herr Luther, seit Jahresbeginn sind Sie als Leitungsduo komplett an der Spitze des DWSTZ. Es gab also nicht nur einen Führungswechsel, sondern auch einen Wechsel des Leitungskonzepts. Sie, Frau Stradt, sind die Geschäftsführung Sozialmanagement und Sie, Herr Luther, sind die Kaufmännische Geschäftsführung.
Was sind die Vorteile einer Doppelspitze? Gibt es auch Nachteile?
Stradt: Das DWSTZ ist in den letzten Jahren stark gewachsen: Wir haben zusätzliche Projekte und mindestens 40 weitere Mitarbeitende in der Zeit mit Frau Hafener gewonnen. Außerdem haben sich die Anforderungen an Projektbegleitung, Mittelverwendung, Datenschutz, Datensicherheit und Arbeitsschutz verschärft. Es wurde deutlich, dass es zwei Sorten von Leitungskompetenz braucht.
Luther: Mit 50% zusätzlichem Stellenumfang und dem Kompetenzzuwachs in der Leitung kann ein größerer inhaltlicher Umfang abgedeckt werden. Ich war vorher als alleiniger Geschäftsführer tätig und musste Entscheidungen mit mir selbst ausmachen. Der Vorteil einer beratenden Abstimmung wiegt viel mehr, auch wenn sie mehr Zeit erfordert. Tatsächlich ist die Breite der Themen so groß, dass sie nicht bei einer Person liegen sollte. Das ging vorher nur, weil es sich so entwickelt hat.
Was ist oder wird jetzt anders? Es wird einiges umzugestalten sein, welche Bereiche sind davon betroffen?
Stradt: Zum Beispiel haben wir mehr Kapazitäten, um Kooperationen zu verstärken und im Bezirk noch präsenter zu sein. Inhalte wie Kinderschutz, Nachhaltigkeit, Prävention sexualisierter Gewalt, Personalstrategie, Familienorientierung können mit der notwendigen Aufmerksamkeit bearbeitet werden.
Luther: Ich nehme wahr, dass die Kaufmännische Ebene hier im DWSTZ gut entwickelt ist. Meine Erfahrung ist aber auch, dass es Unternehmungen mit großem Zuwachs schwerfällt, ihre Abläufe mitwachsen zu lassen. Wir untersuchen also die Prozesse und Arbeitsabläufe und werden uns hier neu aufstellen. Auf der Kaufmännischen Seite heißt das auch mehr Zeit für Datenschutz, Cyberbedrohung und Qualitätsmanagement zu haben - Themenbereiche, die bisher teilweise von Fachkräften mit übernommen wurden.
Ein großer Teil unserer Leistung strahlt direkt in die Projekte aus. Indem wir unseren Job gut machen, gibt es vor Ort mehr Zeit für die inhaltliche Arbeit. Dinge wie Fundraising, die Akquise von Fördermitteln oder neuen Partnern liegen bei uns.
Welches sind die Schwerpunkte, denen Sie sich zuwenden werden?
Stradt: Bei mir stehen die Weiterentwicklung der Projekte und das Personalmanagement im Vordergrund. Ich will dafür sorgen, dass die Projekte gute Arbeit machen können, indem ich mich um Vernetzung, Kooperation und Personal kümmere. Damit sind die Verantwortlichen vor Ort entlastet und werden gleichzeitig gestärkt.
Luther: In meinem Bereich geht es zunächst um die Strukturen in der Geschäftsstelle. Dann werden wir sehen, welche Themenfelder relevant sind, was neu dazukommt oder auch, was verabschiedet werden muss. Ich werde dafür sorgen, dass Entscheidungen zwischen uns beiden, den Bereichsleitenden und Projektverantwortlichen gemeinsam getroffen werden. Und ich werde immer auch dem Kaufmännischen Gehör verschaffen. In der Arbeit mit den Menschen direkt wäre ich vermutlich verloren, aber ich stelle gerne meine Kompetenz zur Verfügung, damit diese Arbeit gut gemacht werden kann.
Wie werden sich die Sparmaßnahmen des Senats auf die Arbeit des DWSTZ auswirken?
Stradt: Mein Eindruck ist, dass es uns in diesem Jahr noch nicht hart trifft. Alle Projekte können fortgesetzt werden, zum Teil hat sich die Förderhöhe verändert. Allerdings weiß niemand, was nach 2025 sein wird, wir müssen mit vielem rechnen.
Luther: Teils wurden dieselben Summen wie im Vorjahr bewilligt, was aber wegen der Steigerung von Gehältern etc. einer Senkung gleichkommt. Gemeinsam mit dem Vorstand werden wir daher einen Findungsprozess zum Thema Fundraising anstoßen.
Das DWSTZ ist eines der wenigen regionalen Diakonischen Werke in Berlin – die weitere professionelle Diakonie hat sich in größeren Verbünden zusammengetan. Hat ein regionales Diakonisches Werk auf Dauer eine Chance?
Stradt: Als Träger sind wir absolut zukunftsfähig. Die enge Verzahnung mit den Kirchengemeinden und Kirchenkreisen ist einzigartig und viel wert. Es gibt Träger mit Mitarbeitenden zwischen 10 und 500 und wenn einer sich auf die Trägerschaft von Kitas spezialisiert, kann er in diesem Feld natürlich mehr in die Tiefe gehen. Das ist auch eine strategische Frage. Aber unsere unterschiedlichen Projekte mit ihren eigenen Schwerpunkten haben auch Vorteile, zum Beispiel greifen sie thematisch sehr gut ineinander. Was uns ausmacht, ist die hohe Kompetenz in den Einrichtungen und eine qualitativ gute Arbeit.
Luther: Die föderale Struktur Berlins ist auch ein großer Mehrwert. Auf der regionalen Ebene ist es leichter, sich mit dem Bezirksamt zu vernetzen und sich vertraut zu machen, um sein Anliegen voranzubringen. Außerdem haben wir vor Ort eine bessere Einschätzung der Lage der Menschen. Das Diakonische Werk Berlin Brandenburg-schlesische Oberlausitz (DWBO) braucht regionale Strukturen. Es ist dieses Profil, das uns auszeichnet.
Die Verbindung zwischen Gemeinden und professioneller Diakonie ist kontinuierlich zu gestalten und zu pflegen. Wie bleiben Sie mit den Kirchengemeinden in Verbindung?
Stradt: Wir sind Projektpartner vor Ort, wie beim Nachbarschaftshaus Markus. Solche Leuchtturmprojekte kann es nur wenige geben, aber sie strahlen aus und inspirieren andere. Natürlich lebt der Kontakt immer von den Personen, aber nach meiner Erfahrung sind die Kirchengemeinden uns gegenüber sehr offen. Weiterhin wollen wir Ebenen der Zusammenarbeit finden mit Projekten, Aktionen und zum Beispiel Veranstaltungen im Monat der Diakonie.
Luther: Ich finde den Kontakt zu den Superintendenturen unserer beiden Kirchenkreise sehr gut, da sind wir im regelmäßigen Austausch.
Stradt: Kirche verändert sich, sie verliert Mitglieder - in unseren Einrichtungen suchen Menschen nicht nur Beratung und Hilfe, sie möchten sich auch einbringen. Hier können sich professionelle Diakonie und gemeindliches Leben ideal ergänzen. Eine große Chance, die wir gerne nutzen möchten.
Luther: Wir haben Angebote, die es in Kirchengemeinden nicht gibt und umgekehrt. Da sollte man etwas draus machen.
Stradt: Am Ende geht es um das Erleben von Gemeinschaft. Wenn ich uns mit anderen Wohlfahrtsverbänden vergleichen, verfügen Kirche und Diakonie über einen großen Schatz. Dass wir uns auf christliche Grundwerte verständigen, dass man mit einer Menschenfreundlichkeit rechnen kann – das birgt so viele Chancen und zieht auch gute Menschen an. Ich würde mich freuen, mit den Gemeinden über neue Formate nachzudenken, die für die Menschen in der Region sinnvoll sind.
ubo
Laura Stradt ist Diplom-Sozialpädagogin und Wirtschaftsjuristin. 2016 begann sie beim DWSTZ und baute zunächst die Schuldnerberatung Tempelhof-Schöneberg neu auf. Ab 2018 war sie Bereichsleitung - reihum für fast alle Projekte. Laura Stradt war bereits drei Jahre Stellvertretende Leitung des DWSTZ. Außerdem ist sie seit zwei Legislaturen Mitglied der Kreissynode Steglitz.
Markus Luther ist Diplom-Kaufmann. Zuletzt war er fünf Jahre Geschäftsführer des Hospiz- und Palliativverbandes Berlin. Vorher war Markus Luther als freiberuflicher Berater, Trainer, und Coach für Projektmanagement bundesweit und auch europaweit tätig.