In einer Entdeckungsreise zum Thema Taufe stellen die vier Gemeinden des Sprengels Lankwitz die Taufsteine und Taufschalen in ihren Kirchen mit kurzen Geschichten vor:
Ev. Dietrich-Bonhoeffer-Kirchengemeinde
Ev. Dorfkirchengemeinde Lankwitz
Ev. Dreifaltigkeits-Kirchengemeinde
Ev. Paul-Schneider-Kirchengemeinde
Das Taufbecken in unserer Kirche ruht einfach auf einem Gestell aus Stahl und Buchenholz, entworfen und angefertigt ganz im Stil der 70er Jahre, aus der auch unsere Kirche stammt. Noch dazu ist das Gestell praktisch: Wenn es im Weg steht, kann es zur Seite geräumt werden.
Ich habe schon an beeindruckenderen Becken getauft: in der Prignitz gab es in einer der Dorfkirchen einen barocken Taufengel mit aufgeplusterten Wangen, der auf seinen Händen die Taufschale hielt, in der Stiftskirche Gernrode taufen wir jedes Jahr Jugendliche am Sonntag Quasimodogeniti an einem frühmittelalterlichen Taufstein.
Entscheidender als die Form des Steines sind aber die Taufen, die in Erinnerung bleiben. An einem ganz ähnlichen Taufbecken wie dem unsrigen – auch aus den 70er Jahren – taufte ich vor Jahren einen kleinen Jungen. Ich sollte nur die Gastpredigt im Gottesdienst halten, aber der Pfarrer der Gemeinde fiel plötzlich aus. Ich kam an und wurde mit der Frage bestürmt: „Können Sie auch taufen?“ Ich konnte. Zwei Jahre später taufte ich auch noch die kleine Schwester. Beide Kinder trugen ein Taufkleid, auf das am Saum die Namen der Taufkinder eingestickt wurden, die Namen des Vaters und des Großvaters standen bereits darauf. Im nächsten Sommer werde ich übrigens den Täufling von damals trauen.
Ich erinnere mich auch an die Taufe einer über 60-jährigen Frau, deren Mutter jede Art von Kirche und Glauben strikt ablehnte. Eine Weile schon war diese Frau in der Gemeinde aktiv, wollte aber ihre Mutter nicht kränken. Als die Mutter gestorben war, ließ sie sich taufen, früh um 6 Uhr in der Osternacht.
Wer bei uns in der Kirche sich oder sein Kind taufen lässt, der hat die Worte Dietrich Bonhoeffers vor Augen: Von guten Mächten wunderbar geborgen. Ein treffender Hintergrund für eine Taufe, finde ich.
Pfarrerin Viola Türk
In der Nacht vom 23. auf den 24. August 1943 fiel die Dorfkirche in der Lankwitzer Bombennacht in Schutt und Asche. Die gesamte Inneneinrichtung ging verloren. Nur zwei Einrichtungsgegenstände blieben erhalten: ein Abendmahlskelch aus dem Jahre 1580 und die Taufschale, die ganz sicher aus vorreformatorischer Zeit stammt. Kelch und Taufschale befanden sich zur Zeit des Bombenangriffs zufällig nicht in der Kirche.
Die Taufschale wurde wahrscheinlich Ende des 15. Jahrhunderts von einem Beckenschläger aus Messing gefertigt. Möglicherweise war er im heutigen Süddeutschland tätig. Diese sogenannte Beckenschlägerschüssel ist eine „Serienfertigung“. Im Stadtmuseum Regensburg kann man eine „Zwillingsschwester“ unserer Taufschale bewundern, hinter Panzerglas und alarmgesichert. Die Taufschale ist also ein Schatz, den wir in der Gemeinde hüten. Und sie ist seit Jahrhunderten in Gebrauch, nach der Reformation wurde sie für „evangelische Taufen“ verwendet, vorher gab es nur eine Kirche.
Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Taufschale oft beschädigt. Viele mehr oder weniger sachgemäß ausgeführte Reparaturen zeugen davon, dass sie viel benutzt und oft durchlöchert war. Außerdem ist die Bronze-Messinglegierung relativ weich, was die Abnutzung der Ornamentik erklärt. Damals gab es noch keine härtenden Zusätze, die man dem Metall hätte hinzufügen können. Leider muss auch mindestens einmal ein schwerer Gegenstand auf die Taufschale gefallen sein, das zeigen Risse im Material.
Im Jahr 2020 wurde ein Restaurator mit der Wiederherstellung beauftragt. Die Taufschale wurde sachgerecht repariert, gereinigt, die Vergoldung wurde erneuert und zum Abschluss der Arbeiten wurde sie mit einem speziellen Wachs überzogen. Nun sind Adam und Eva und das umlaufende Schriftband und auch die wundervolle Ornamentik wieder zu bewundern.
Ist unsere Taufschale ein Museumsstück? Nein, sie ist regelmäßig in Gebrauch, und zwar immer dann, wenn in der Dorfkirche Kinder oder Erwachsene getauft werden.
Pfarrerin Dorothea Preisler
2017 entwickelten Kinder der Grundschule am Königsgraben eine Führung durch die Dreifaltigkeitskirche. Sie betteten Quizfragen ein. Eine lautete: „Wie viele Taufsteine gibt es in dieser Kirche?“ Mit diebischer Freude die Befragten zu verunsichern, gaben sie Antworten vor: 1, 2 oder 3? In der Tat gibt es nicht nur ein Taufbecken, sondern gleich zwei in der Dreifaltigkeitskirche.
Der ursprüngliche Taufstock aus dunkler Eiche von 1906 ist mit geschnitzten Blumenornamenten und einer Inschrift in altdeutscher Schrift versehen. „Gott macht uns selig durch das Band der Wiedergeburt und Erneuerung im Heiligen Geiste.“ (Titus 3,5) Die achteckige Form symbolisiert den Beginn des „achten“ Schöpfungstages. Mit der Taufe beginnt für den Täufling eine neue Zeit, eine neue Schöpfung.
1961 wurde trotz Bedenken von Bau- und Denkmalaufsicht und auch aus der Gemeinde der Innenraum neu gestaltet und die hölzernen Prinzipalien – Altar, Taufstein und Kanzel – durch neue Elemente ersetzt. Der neue Taufstein war eher schlicht gehalten aus schwerem Granit mit Bronzeschale. Der hölzerne Taufstock verschwand für 20 Jahre in einem Abstellraum.
Anfang der 1980er wurde die Kirche erneut umgestaltet. Der alte Taufstock wurde wieder in Benutzung genommen. Nicht ganz denkmalgetreu wurden Rollen darunter geschraubt, damit je nach Bedarf an verschiedenen Stellen im Altarraum getauft werden konnte.
Es wurde Platz in der Apsis geschaffen, damit diese als Taufkapelle für kleine Feiern nutzbar würde. In dem Fall braucht man den Taufstein hinter dem Altar. Für die Taufe im klassischen Sonntagsgottesdienst lässt sich das Taufbecken vor dem Altar aufstellen.
So ist es bis heute. Das steinerne Becken steht seitdem schwer und ungenutzt im Seitenschiff der Kirche. Beide Taufbecken erzählen vom Ringen der Gemeinde darum, den Kirchraum zweckmäßig zu gestalten und Tradition und Moderne in Einklang zu bringen.
Pfarrerin Elisabeth Schaller, Ev. Dreifaltigkeits-Kirchengemeinde
Die meiste Zeit steht er einfach nur da, vorn im Kirchsaal. Immer mit dabei. Wer weiß, was er sich wohl denkt - bei allem, was er hört und sieht. Nicht nur Sonntagsgottesdienste, nein, auch die Kita-Kinder, die zum Turnen oder zum MINI-Gottesdienst kommen, die älteren Damen beim Sport - und beim Tischtennis mitten in der Woche. Die Big Band der „Lankwitz Horns“ bringt sein Metall zum Vibrieren, Gruppen diskutieren, Musik erklingt von der Orgel, wenn Studierende üben. Leise und laute Klänge.
„Ich bin auch mal wieder dran“, ruft der Taufstein. Und siehe da, eine Taufe steht bevor. Wenn die Taufeltern das erste Mal unseren Taufstein sehen, spüre ich den staunenden Blick. Dreieckig? Nein, eigentlich nicht: drei-rundig. Und aus Metall? Mit einem innen blau angemalten Wasserbecken? Merkwürdig. Und wo sollen wir die Taufblumen anbringen? Dieser Taufstein hat ja gar keinen Rand, außen alles glatt!! Wie ungewöhnlich.
Ja, ungewöhnlich war das ganze Vorhaben, in Lankwitz Ost zu einer Zeit, als in der Nachbarschaft noch Korn reifte und Kartoffeln gestoppelt wurden, mitten ins Nichts hinein ein Gemeindeheim zu setzen. Es war ein mutiges Vorhaben. 1958 war Einweihung, aus diesem Jahr stammt auch der Taufstein. Der Dahlemer Architekt Hans Wolff-Grohmann hatte das Gebäude und die Innenausstattung entworfen. Hier entstand mit Gemeindeheim und Jugendgästehaus eine landeskirchliche Anlaufstelle für Flüchtlinge aus dem Osten. Nach dem Mauerbau kamen deutschlandweit viele Jugendgruppen hierher. Und waren eben auch in unserem Kirchsaal zu Gast. Innovativ sollte alles sein: der Kirchsaal mit seiner ungewöhnlich rhombischen Form. Die Prinzipalstücke Altar, Kanzel und Taufstein entwarf der Architekt aus einem damals ganz neuen und modernen Material, aus Aluminium. Der Vorteil dieses Leichtmetalls liegt auf der Hand: unser Taufstein wandert mit uns mit auf die Kirchwiese. Wenn wir einen unserer beliebten Open-Air-Gottesdienste mit Taufe feiern. Nur für den Blumenschmuck braucht es jedes Mal eine kreative Idee, damit er hält. Aber wichtig ist doch, was hier geschieht. Eine Taufe. Eine Zusage. Ein Bekenntnis. Die Bitte um den heiligen Geist. Und das Wasser, das reinigt und neu beginnen lässt. Ich erinnere mich so gern daran, als wir nach der Taufe eines Kita-Kindes mit all den vielen Kindern um den Taufstein standen. Wir haben kleine gepresste Trockenschwämme im Taufwasser aufquellen lassen. Hinterher lagen sie weich und gemütlich in der Hand, vorher hart und eckig. Und dieses als Symbol dafür, dass Gott etwas in uns quellen lässt. Mit jeder Taufe beginnt im Menschen etwas Neues zu wachsen. Und egal, wie man sich später im Leben verhält, die Taufe lässt sich nicht rückgängig machen. So wie ein Schwamm nie wieder in seine harte, trockene Form zurück gepresst werden kann. Er bleibt ein weicher Schwamm und wir Menschen bleiben von der Taufe geprägt. Ein Leben lang. Gott will uns segnen und begleiten. Diese Zusage kann auch mit diesem recht ungewöhnlichen Taufstein wunderbar vermittelt werden. Für die Kirchwiesen-Taufen jedenfalls gibt es schon die nächsten Anmeldungen …
Pfarrer Stefan Aegerter